Das Leben könnte si witzig sein.
  die Arbeitserprobung
 

Arbeitserprobung

 

Ich bekam einen Brief mit der Einladung zu einer Arbeitserprobung. (Schön, das Wort, nicht?)

Das bedeutete zwei Wochen in Würzburg. Mal schauen was da auf mich zukommt.

 

Als wir dort ankamen waren wir beide schon mal von der Gegend begeistert. Zwar haben wir uns darüber unterhalten, wie wir den Berg hoch kommen sollten, wenn Schnee liegt, aber so weit war es ja noch nicht und da es eh richtig warm und es Frühling war, war die Möglichkeit, dass Schnee fiel eher gering.

 

Als wir auf den Parkplatz fuhren und mein Gepäck ausluden, sah ich mich etwas um. Rechts von mir war ein Gebäude, dem man trotz fast blind ansah, dass es das Schulgebäude war. Ich denke, dass kennt jeder irgendwie. Man sieht ein Gebäude und weiß, dass es eine Schule ist.

Wenn man dann nach links sah, schaute man direkt auf die Kantine, die ans Internat grenzte. Wir mussten um die Kantine rumgehen, um an den Haupteingang zu gelangen.

 

An der Pforte, die wie ein Aquarium aussah, wurden wir von einer jungen Frau begrüßt, die uns sagte, dass wir noch einige Minuten warten sollten, bis die anderen Arbeitserprobler auch da wären.

Sie zeigte uns einen Raum in dem man rauchen durfte, da man bei der Anmeldung schon ankreuzen musste, ob man Raucher war oder nicht.

 

Durch die Fenster im Raucherraum konnte man in den Innenhof des Internats sehen und ich erkannte, dass das Gebäude die Form eines U`s hatte. Im Innenhof war eine riesige Rasenfläche, die von einigen Wegen durchzogen war.

 

So warteten meine Freundin und ich. Nach einer halben Stunde ungefähr kam die junge Frau wieder und brachte uns in mein Zimmer.

 

Als ich das Zimmer das erste Mal sah, wusste ich nicht ob ich heulen oder lachen sollte. Es war einfach nur klein. Da konnte man gar nicht umfallen, wenn man stolperte. Auf der einen Seite war eine Kommode im Weg und auf der anderen der Tisch, an dem zwei Stühle standen. Ich fand es irgendwie lustig, dass einer Armlehnen hatte und der andere nicht. Für die kräftigeren unter uns.

Das Bett hatte in der Länge vielleicht gerade seine zwei Meter, aber in der Breite höchstens 80 cm. Für die Zimmer groß genug. Für zwei Wochen sollte es gehen.

So dachte ich wenigstens. Eines muss ich allerdings schon sagen: Das Bett war klasse. Schlafen konnte man gut darin. Besser als ich dachte.

 

An diesem Tag wurden wir noch vorgestellt und bekamen die Lehrräume gezeigt, die wir in diesen zwei Wochen nutzen würden.

 

Am nächsten Tag folgte der erste Unterricht. Wir wurden alle nach einander getestet, wie stark unsere Erblindung ist. Damit aber nicht genug. Wir mussten uns auch alle wieder mal einem Gutachten unterziehen. Das nervte dann doch langsam. Denn ich hatte schon vier Gutachten machen lassen und hatte echt die Nase voll davon.

Heute wäre ich traurig, wenn ich es nicht mitgemacht hätte.

Das muss ich jetzt leider erzählen, auch wenn es etwas viel ist.

 

Ein Mitschüler von mir hatte ein Glasauge. Wir sollten alle eine Gesichtfelduntersuchung über uns ergehen lassen. Er auch. Als er dran war, bekam er zuerst sein linkes Auge untersucht. Das war ja auch richtig so, aber dann sollte er sein rechtes Auge untersuchen lassen. Das Glasauge.

Mit diesem Auge kann er – wie sich jeder vorstellen kann – wirklich schlecht sehen. Er sagte der Schwester aber auch, dass er rechts ein Glasauge hätte, doch das interessierte die nicht. Sie sollte bei ihm eine Gesichtfelduntersuchung an beiden Augen machen und damit basta.

 

Mein Kollege resignierte und machte die Untersuchung an seinem Glasauge mit. Als die Schwester dann meinte, dass er doch sagen solle, wenn er etwas sehe, konnte er sich nicht mehr halten und schrie ihr ins Gesicht, dass er ein Glasauge habe.

Die Schwester meinte darauf nur im ruhigen Ton, dass er das ja auch in einem normalen Ton sagen könnte. Er müsste nicht brüllen.

 

Als wir uns wieder vor dem anderen Zimmer trafen, kam eine andere Schwester und wollte uns die Augen weit tropfen.

Zuerst tropfte sie mir in die Augen, und dann ihm, in beide Augen. Ich dachte ja, ich müsste sterben, sagte aber nichts, da ich es scheiße witzig fand, wie blöd die sich anstellten.

Dass das aber noch schlimmer werden würde, dachte ich auch nicht.

 

Mein Kollege sagte auch dieser Schwester, dass er rechts ein Glasauge hätte, aber sie fand es ebenso interessant ihm zu zuhören, wie die Schwester von der Gesichtsfelduntersuch-ung.

 

Das Ergebnis war, dass sie uns noch drei Mal Augentropfen verabreichte und ihm auch das rechte Auge auf Teufel komm raus weit tropfen wollte. Sie sah uns in die Augen und meinte, dass diese jetzt gut seien, bis auf sein rechtes. Das würde ihr Sorgen machen, da es sich nicht weit stellen würde.

 

Wir hatten beide keine Mine verzogen und sagten auch nichts mehr, da wir merkten, dass es eh sinnlos war.

 

Dann wurde er zum Arzt gerufen. Die Untersuchung lief recht gut, glaubte ich, bis es plötzlich laut im Untersuchungs-zimmer wurde. Mein Kollege flippte gerade aus.

„Verdammte Scheiße. Sag mal, wie blöd seid ihr denn hier? Ich habe ein verdammtes Glasauge. Was glaubt ihr denn, wo da ein Sehnerv sein soll?! Ich glaube ich spinne!! Ihr seid doch zu blöd nen Eimer Wasser um zu werfen. Eher sauft ihr ihn aus!!“

 

Die Tür platzte auf und mein Kollege kam stinksauer raus, ging an mir vorbei und verließ das Gebäude.

 

Später erfuhr ich, dass der Arzt sich zuerst um sein linkes Auge gekümmert hatte und als er sich um sein rechtes kümmern wollte, sah er auf und meinte nur, dass er es nicht verstünde, dass er den Sehnerv nicht finden könne.

Ich musste so lachen, dass ich drei Stunden später noch Bauchweh hatte.

 

Dann sollten wir am nächsten Tag zum hauseigenen Allgemeinmediziner. Der war ja wohl der absolute Renner. Wir saßen im Wartezimmer und sahen uns die Zeitschriften an, die in jedem Wartezimmer rum liegen; dachten wir wenigstens.

 

Doch als wir sie aufschlugen, hatte einer von uns eine Zeitschrift über Segeljachten und der andere eine über Waffen und Jagdbedarf. Wir sahen uns an und fragten uns, wo wir hier gelandet waren. Nichts gegen Waffen und Jagdbedarf, aber doch bitte nicht bei einem Arzt. Wer weiß, wie der mit hoffnungslosen Fällen umgeht.

 

Jetzt, da die Untersuchungen abgeschlossen waren, konnten wir endlich mal mit dem Unterricht (?) anfangen. Eigentlich sah der Unterricht so aus, dass wir zeigen sollten, was wir konnten, um dann eine für unsere Kenntnisse zugeschnittene Ausbildung zu beginnen.

 

Wir wurden dort auch langsam an die Blindenschrift heran geführt, bekamen erklärt, wie sie sich zusammen setzt und wie man sie liest. Natürlich war das in den zwei Wochen nicht ganz durch zu führen, aber das war ja auch nicht der Sinn der Arbeitserprobung. Wir sollten ja nur alles kennen lernen. Am Ende der zwei Wochen bat man uns alle zu einem Einzelge-spräch. Dort wurde dann besprochen, was man mit uns vor hatte und welche beruflichen Möglichkeiten bestanden.

Danach wurden wir entlassen konnten, wenn der Partner oder das Taxi schon da war, nach Hause fahren.

 

Das war jetzt schon recht viel Bericht über diese zwei Wochen, aber das ließ sich einfach nicht vermeiden.

Auf der nächsten Seite möchte ich noch mal kurz auf die Ausbildung zu sprechen kommen.

 

 
 
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